Pressemitteilung
40 zusätzliche Quartiere für Fledermäuse
Ausgleichsmaßnahme für Krämereck-Süd
OPPENHEIM – Um den Bestand der gefährdeten Fledermäuse in Oppenheim zu erhalten, hat die NABU Gruppe Rhein-Selz in den vergangenen Wochen 40 zusätzliche Quartiere in den Waldgebieten und Parkanlagen der Stadt installiert. „Hierbei handelt es sich um eine der Ausgleichsmaßnahmen für das Baugebiet Krämereck Süd, zu der der Erschließungsträger verpflichtet ist“, erläutert die Erste Beigeordnete Oppenheims, Silke Rautenberg (AL).
Seit längerem liegt der Stadt Oppenheim der Schutz der heimischen Fledermäuse am Herzen. „Wir freuen uns daher sehr über diese Biotopverbesserung und danken den Mitgliedern des NABU ausdrücklich für ihr ehrenamtliches Engagement für die Fledermäuse, das weit über das bloße Aufhängen der Kästen hinausgeht.“, so Rautenberg weiter.
Seit 2016 dokumentiert die NABU Gruppe Rhein-Selz die Fledermauspopulation im Oppenheimer Wäldchen. „Durch die weiteren Fledermausflachkästen und -höhlen und deren beständige Pflege und Kontrolle wollen wir den derzeitigen Bestand an Fledermäusen erhalten. Die Auswertung der dabei gewonnenen Daten dient dazu, weitere Informationen zum Schutz der Tiere zu erlangen“, erklärt Paul Britz, Erster Vorsitzender des NABU Rhein-Selz.
Schutz für Mückenfledermäuse und Große Abendsegler
Neben der Anbringung der zusätzlichen Wohnquartiere wurden in den vergangenen Wochen vor Beginn der Wochenstuben-Saison fast alle Fledermauskästen gereinigt, instandgesetzt, erneuert, kartiert und ausgewertet. Vor allem Mückenfledermäuse, aber auch einige der Großen Abendsegler sind in Oppenheim verbreitet. Die meisten Quartiere befinden sich im Bereich im nördlichen Teil des Oppenheimer Wäldchens und im Naturschutzgebiet „Eiskarb“. Daniel Beier, der das Projekt „Fledermausschutz im Oppenheimer Wald“ beim Nabu Rhein-Selz maßgeblich betreut und dafür viele Stunden Freizeit investiert, setzt zur Erkennung der verschiedenen Arten auch Detektoren ein, die die Rufe der Fledermäuse optisch darstellen können und ihre Rufe aufzeichnen. Auf eine Gruppe aus vier bis fünf Abendseglern ist Daniel Beier besonders stolz. „Seit Beginn des Monitorings im Jahr 2016 befindet sie sich immer im gleichen Höhlenkasten“, berichtet der Fledermaus-Fan.
Die Standortauswahl der neuen Fledermausquartiere erfolgte in enger Abstimmung mit Regionalförsterin Simone Rupp, die auch das Oppenheimer Wäldchen für die Stadt verantwortlich bewirtschaftet. Insgesamt werden durch die neuen künstlichen Quartiere neun Fledermaus-Bezirke geschaffen – meist im Umfeld abgestorbener oder auch alter Bäume, deren Bestand dauerhaft erhalten bleiben soll. „Das bedeutet, dass wir dort kleine `Urwaldzellen‘, zu denen auch Totholz gehört, entstehen lassen wollen. Da bei toten Bäumen auch mal ein Ast abbrechen kann, haben wir dafür extra Flächen weit abseits der Wege ausgewählt“, ergänzt Rautenberg.
Kästen erstmals auch an der Landskron-Ruine
Neu hinzugekommen ist die Platzierung einiger Kästen im Bereich der Landskron-Ruine, denn auch dort gibt es einen Bestand der nächtlichen Jäger. „Die Zählungen der aufgefundenen Fledermäuse in den Kästen lässt hoffen, dass es genügend Höhlen in alten Bäumen gibt“, so Beier weiter. Die künstlichen Kästen seien immer nur eine Behelfslösung als Alternative zu natürlichen Baumhöhlen. Das Insektensterben und das Verschwinden natürlicher Quartiere gefährden auch den Bestand an Fledermäusen. So sind auch in Oppenheim die Zahlen rückläufig, bestenfalls gleichbleibend. Der Gesamtbestand lasse sich nie erfassen.
Dennoch sind noch mehrere Arten vertreten: Neben den Mückenfledermäusen und Großen Abendseglern gibt es noch im Stadtgebiet Oppenheims die Zwergfledermaus und das Graue Langohr. „Das soll nicht heißen, dass es nicht auch noch andere Arten gibt, sie suchen sich nur hoffentlich einen schönen alten Baum mit einer Höhle in luftiger Höhe aus, anstatt der `Wohncontainer‘“, so Beier.
Der Nabu-Vertreter gibt Tipps, wann sich die fliegenden Säugetiere am besten beobachten lassen: „Der Große Abendsegler ist meistens schon vor Dämmerung aktiv auf Beutesuche. Rund 20 Minuten nach Sonnenuntergang gehen dann die ersten Zwerg/- und Mückenfledermäuse auf Jagd. Die mittelgroßen Arten wie das Graue Langohr fliegen erst kurz vor Mitternacht. Finden sie ausreichend Insektenfutter, kann ihr erster Hunger bereits nach rund zwei Stunden gestillt sein, dann verschwinden sie wieder in ihren Quartieren“. Doch auch das Wetter beeinflusse das Jagdverhalten der nachtaktiven Tiere. „Wenn es regnet und die Temperatur unter 12 Grad sinkt, verbrauchen sie beim Jagen mehr Energie als durch Nahrungsaufnahme aufnehmen – ein Umstand der sich mit dem Rückgang des Insektenvorkommens noch verschärft“, erklärt Beier weiter. Auf dem Speiseplan der fliegenden Säugetiere stehen Käfer, Mücken und andere Zweiflügler. Eine einzelne Fledermaus vertilgt pro Nacht bis zu 4000 Insekten – Schadinsekten, wie auch solche, die den lauen Abend in Rheinhessen auf der Terrasse am Haus stören könnten.
Auf dem Uelversheimer Friedhof wurden 2 alte Winterlinden dermaßen beschädigt, dass ein mittelfristiges Überleben der beiden circa 230 (!) Jahre alten Baumriesen fraglich erscheint.
Am 11. Mai erhielt die Umweltabteilung der Verbandsgemeinde Rhein-Selz durch eine aufmerksame Mitarbeiterin der Friedhofsabteilung Kenntnis von einer starken Wurzelkappung beider Winterlinden im Zuge einer Baumaßnahme, die von der Gemeindespitze Ülversheim beauftragt war. Es sollte ein neues Urnenfeld mit einem Rundweg drum herum angelegt werden. Bei der Anlage des Grabens für den Rundweg wurden zahlreiche Starkwurzeln bis zu einem Durchmesser von 50cm stammnah einfach gekappt und entnommen. Dadurch war die Standfestigkeit beider Bäume so massiv eingeschränkt, dass rasch Sicherungsmaßnahmen getroffen werden mussten, da beide Bäume am Haupteingang des Friedhofes stehen und direkt angrenzend eine stark frequentierte Straße für den landwirtschaftlichen Verkehr verläuft.
Die Bäume mussten unverzüglich durch neue Seilanker gesichert werden, notwendige Rückschnittarbeiten wurden in enger Absprache mit der Oberen Naturschutzbehörde vorgenommen. Bei der artenschutzrechtlichen Prüfung wurde ein Ringeltaubennest mit bebrüteten Eiern vorgefunden. Um die Störung des Brutgeschehens auf ein Mindestmaß zu reduzieren waren die Baumpfleger gezwungen hier sehr sorgsam vorzugehen und den Schnitt zunächst auf das Notwendigste zu beschränken. Beide Bäume mussten massiv eingekürzt werden, um ihnen die Windlast zu nehmen. Der fragliche Friedhofsteil ist nun für die nächsten Wochen gesperrt, damit die Ringeltauben ihr Jungen aufziehen können. Danach wird über das weitere Vorgehen entschieden. Soweit der uns bekannte Sachstand.
Die vor kurzem noch stattlichen Linden – jede immerhin ca. 230 Jahre alt und vor dem Schnitt zwischen 16 und 24 m hoch -, die das Ortsbild und den Friedhof landschaftlich erheblich mit geprägt haben, sind nun verstümmelt von den Wurzeln bis zur Krone, ihr Überleben ist fraglich. Eine eventuelle Tötung der Taubenbrut durch Umstürzen des Baumes wurde von den Verursachern billigend in Kauf genommen. Hier wurde ganz eindeutig gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen durch den nicht genehmigten Eingriff in Natur und Landschaft. Auch die Naturschutzbehörde sieht das so und prüft diesen Fall eingehend.
Wie naturfremd und skrupellos kann jemand sein, solch dicke Wurzeln zu durchtrennen. Nicht nur dass hier jegliche Vorgaben zum Natur- und Artenschutz sowie zur Verkehrssicherheit schon bei der Planung missachtet wurden, da muss doch jegliche innere Hemmschwelle oder ein Restgefühl für das Richtige fehlen. Was haben sich die Planer denn gedacht, was passiert, wenn der Bagger auf die Wurzeln trifft? Diese waren doch schon vorher gut zu sehen. Dieses Maß an Inkompetenz ist wirklich unfassbar. Oder stand hier wieder mal wirtschaftliches Interesse im Vordergrund? Der Bürgermeister von Uelversheim - selbst Inhaber eines Planungsbüros - ist wahrlich kein Vorbild.
Wir können nur hoffen, dass die Verursacher entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden und angemessen bestraft werden. Um diejenigen, die dort ihre Lieben beerdigen wollen, tut es uns leid. Ein Ort für Ruhe und Trauer ist das momentan wahrlich nicht.
Text und Bilder: Barbara Geiger im Mai 2017