Ein sogenanntes „stilles Asyl" an unserer Katharinen-Kirche geht zu Ende und die jungen Gäste brechen auf in ein spannendes Leben. Von wem ist die Rede? Ich erzähle von Anfang an:
Bei meiner Vorbereitung für eine Touristenführung über die interessanten Wasserspeier der Katharinenkirche schärfte sich mein Blick in die Höhe. Am Zuckerberg ergab sich noch einmal eine ganz andere Perspektive. Und dann, nie hätte ich das für möglich gehalten, da saß doch in luftiger Höhe auf dem breiten Sims an der Fassade des nördlichen Querhauses unserer Katharinen-Kirche eine riesige Eule, ein Uhu. Machte er hier eine wohlverdiente Pause? War das der "ausquartierte" Vater eines Nestes im weiteren Umfeld? Oder wohnte dieser Uhu hier gar im Schutz der hochgelegenen Fassade, fernab von allen Störenfrieden?
Da ich zu dieser Zeit sowieso zur Vorbereitung fast täglich meinen Gang und Fotos in und um die Katharinen-Kirche machte, wurde es nach einigen Tagen vorsichtiger Beobachtung schließlich klar: Wir hatten ein Nest, ein Uhu-Nest mit sogar drei Jungen, die, plüschig gelockt, munter mit den typischen großen, orange-braunen Augen in die Weite um ihr klug gewähltes Zuhause blickten. Eine Besonderheit, werden doch die Nistplätze für diese erhabenen Tiere, NABU-Vogel des Jahre 2005, immer seltener.
Im Laufe der nächsten Wochen wurde es mir zu einer lieben Angewohnheit, das Heranwachsen der drei Junguhus zu begleiten, und sie haben mir und ihrer wachsenden Fangemeinde manches Lächeln ins Gesicht gezaubert.
Nur eines sollte doch noch klar gestellt werden: Die Brutpflege unseres Nestes war eindeutig nicht nur Muttersache. Sie hatten vielmehr in der sensiblen Phase des fliegen lernens einen wichtigen Mann an ihrer Seite: Unseren Küster Richard Betcher. Dieser hat nämlich mehr als einmal auf Zuruf reagiert und die Jungen wieder aufs geschützte Langhaus gebracht, weil sie sich einfach verflogen hatten, benommen und schutzlos im Gras saßen. Ein anderes Mal hatten sie sich sogar in einen Kellerraum gefangen gesetzt und unser "Zweitpapa" musste eigens einen Schlosser bestellen, um den Raum zu öffnen und die Jungen aus dem Gefängnis zu befreien.
Wünschen wir ihnen Glück! Was bleibt, ist die Freude, dass wir diesen seltenen und eindrucksvollen Vögeln eine gute Unterkunft geben konnten und die Hoffnung, dass sie im nächsten Jahr zurück kommen.
Text: Kerstin Thieme-Jäger
Fotos: Burkhard Bergmann, Rainer Ebling, Kerstin Thieme Jäger